Geben wir es doch zu.
Wir sind Manager. Haben Wirtschaft studiert, haben jahrelange Erfahrung im Business. Wir haben Erfolg. Sind bodenständig. Können einen Business Plan erstellen, eine Bilanz. Können sie zumindest lesen. Haben einen Blick für Zahlen. Was kann stimmen, was nicht. Jonglieren mit Umsätzen, Ebit, Manpower. Werfen Abkürzungen wie ER, OM, KPI in jedes Gespräch. Und haben manchmal ein gutes Gespür, was zu einem profitablen Geschäft werden kann. Unsere Mitarbeiter schätzen uns für unsere klaren Anweisungen. Unser Vorstand für unsere Loyalität. Wir kennen die neuesten Trends in unserer Branche. Bilden uns weiter. Lassen uns manchmal, wenn es etwas holpriger wird, coachen. Netzwerken. Und fleißig sind wir! Ja! Sind stolz, dass wir am Wochenende auf unserem iPad E-Mails lesen. Beziehungsweise im Social Enterprise Network unterwegs sind.
Und hie und da, gehen wir auf eine Vernissage. Weil die Gattin unseres Business Partners eine Galerie besitzt. Und wir uns halt wieder einmal zeigen müssen. Dass es uns noch gibt. Und nun.
Stehen wir in dieser Galerie. Ein Glas prämierten Sauvignon Blanc in der Hand. Vor diesem Bild. Es ist blau. Mit so einem roten Strich. Machen einen Schritt nach vorne. Näher. Zu dem kleinen weißen Schild. Neben dem Bild. Mit schwarzer Schrift. Der Preis. Schlucken. Machen wieder einen Schritt zurück. Überlegen uns kurz. Mitteleinsatz, Kosten der Galerie, Anzahl der Stunden um das Bild zu erstellen. Kann nicht mehr als 2 Stunden gewesen sein. Wie viele Bilder… Na. Da würde sich bereits nach ein paar Jahren ein Segelschiff ausgehen. Und…
Geben wir es doch zu.
Wir treten wieder einen Schritt zurück. Betrachten das Bild. Ist ja ganz nett, oder? Aber. Das? Diese blaue Fläche. Dieser Strich. Rot. Das könnten wir auch.
Neben uns steht plötzlich der Künstler. Seine Hand streift über sein Kinn. Unrasiert. „Was meinen Sie?“
Wir wenden uns wieder zum Bild. Versuchen einen nachdenklichen Blick zu imitieren. „Beeindruckend“, flüstern wir um eine gebührende Ehrfurcht zu spielen. Gelingt uns ganz gut. Bei dieser Operation Margin. Und während vor unseren Augen die Zahlen abspulen, fragen wir: „wie viele Bilder verkaufen Sie denn so im Jahr?“
Der Künstler. Dreht sich zu uns um. Und meint. „Darum geht es nicht.“
Geben wir es doch zu.
Wir sagen ein enttäuschtes „aha“ und „dann noch viel Erfolg. Und Gratulation zu dieser Vernissage.“ Ein „diese Künstler!“ geht durch unseren Kopf, wir sprechen es aber nicht aus: „Völlig abgehoben!“ Drehen uns um, versuchen in der Menschenmenge unseren Geschäftspartner zu finden. Um uns höflich mit einer vorgetäuschten dringenden geschäftlichen Angelegenheit zu verabschieden.
Und geben wir es zu. Am Nachhauseweg überlegen wir uns, wie diese Künstler überleben. Wie schaffen die es, wenn sie davon leben müssen, neue Ideen zu haben. Motiviert zu bleiben und ein Bild nach dem anderen zu produzieren? Immer etwas Neues? Kreativ zu sein?
Diesen Gedanken. Hatten wir alle einmal. Haben uns überlegt, dass es unserer Firma, unserer Abteilung, unserem Team gut tun würde, ein klein wenig von diesen Künstler zu haben. Die Kreativität etwas Neues auf den Markt zu bringen. Die Motivation, neue Märkte zu finden. Die Überzeugung mit seinem Produkt etwas zu bewirken. Aber auch die Produktivität um erfolgreich zu sein.
Und wenn wir es ganz ehrlich zugeben wollen.
Am nächsten Tag, wenn im Büro uns ein neuer Mitarbeiter von einer Idee erzählt. Für ein neues Produkt. Oder um einen Prozess zu verbessern. Dann loben wir ihn. Freuen uns über sein Engagement. Egal was wir von dem Vorschlag halten. Das haben wir im Führungskräfte Seminar gelernt. Und antworten. „Machen Sie einen Business Case“. Und wissen. Vielleicht nicht im gleichen Augenblick. Aber doch. Der Mitarbeiter wird weder Zeit noch die notwendigen Mittel dafür haben.
Und ein Jahr später. Wundern wir uns, warum wir an Marktanteil verlieren. Warum wir mit unseren Kosten nicht herunterkommen. Warum unsere Mitarbeiter nicht mehr dieses Funkeln der Begeisterung in den Augen haben. Und. Falls noch genügend Mittel im Budget sind. Dann beauftragen wir einen renommierten Unternehmensberater. Entscheidung vom Aufsichtsrat. Sechs Monate später liegt auf unserem Schreibtisch ein 100-seitiges Dokument. Das bestätigt: Wir sind nicht innovativ. Nicht effizient. Haben ein durchschnittliches Mitarbeiteralter von 43 Jahren.
Die Liste der vorgeschlagenen Maßnahmen ist lang. Mitarbeiterabbau bei den Zentralstellen. Neue Märkte erschließen. Einsatzbezogene Bezahlung der Mitarbeiter. Schließung von nicht mehr up-to-daten Produktlinien…
Und.
Falls noch genügend Mittel im Budget sind. Dann setzten wir um.
Und.
Verlieren weiter an Marktanteil.
Und hier.
Gehen wir wieder zu einer Vernissage. Werden wieder vom Künstler angesprochen. Doch diesmal. Nehmen wir uns Zeit. Reden mit ihm. Entdecken. Dass wir von ihm lernen können.
Schwer zu glauben, dass ein Unternehmer von einem Künstler lernen kann? Doch, wenn wir die Innovationsprozesse beider Arbeitsbereiche vergleichen. Welche Techniken, welche Schritte notwendig sind um Neues, Innovationen hervorzubringen. Können wir erkennen, dass nicht nur Business in der Kunst, sondern auch Kunst im Business steckt.
Und genau deshalb möchte ich diese Betrachtung vertiefen.
Und in diesem Buch aufzeigen, welche Instrumente ein Unternehmen sich von einem Künstler abschauen kann. Um ein Umfeld im Unternehmen zu ermöglichen, welches Ideen und Innovationen fördert.
Auch möchte ich zeigen, welche Prozesse für ein Unternehmen für ein strukturiertes und instutionalisierte Ideen- und Innovations Management relevant sind. Und welche Aspekte bei der Einführung eines Ideen- und Innovations Management speziell zu beachten sind um einen langfristigen Erfolg zu haben.
Und hier.
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